von Martina » Fr 7. Aug 2009, 10:03
Oh, das hatte ich noch gar nicht registriert... ich hoffe, es ist den beiden recht "geoutet" zu werden.....
Aber jetzt zum Thema:
Leicht ist eine Ehe nie. Es endet ja nicht mit der Hochzeit, es beginnt dann erst. Und es ist verdammt schwere Arbeit, eine Liebe zwischen Job, Kindern, Geldsorgen und besonders Kulturunterschieden am Leben zu halten....
Wie schon Tucholsky sagte:
Es wird nach einem happy end
im Film jewöhnlich abjeblendt.
Man sieht bloß noch in ihre Lippen
den Helden seinen Schnurrbart stippen
da hat sie nu den Schentelmen.
Na, un denn -?
Man muss so manche Kröte schlucken, und wenn die "Kontrahenten" auch noch aus verschiedenen Kulturkreisen kommen, sind es noch ein paar mehr. Dann kommt dazu, dass einer alles hinter sich lassen muss, was ihm fast sein halbes Leben "die Welt" bedeutet hat. Wer da nicht in sich selbst den Mittelpunkt hat, wird seinen Halt verlieren, das sollte man nie vergessen.
Auswandern ist leicht. Schwer ist es, zu bleiben, wo man hingegangen ist... sich ein neues Leben zu schaffen, neue Freunde, neue vertraute Wege und Rituale. Es soll mir niemand sagen, er brauche das nicht - dann ist er entweder wurzellos oder macht sich etwas vor. Nur aus Liebe auszwandern wird sicherlich scheitern, man braucht auch ein grosses Stück Neugier auf das Neue, Abenteuerlust, die Bereitschaft, sich auf das neue Land einzulassen.
Ich denke, es ist tödlich für eine Liebe, wenn man im Streit irgendwann einmal sagt "Für Dich habe ich alles aufgegeben". Egal wie heftig unsere Krisen waren, das habe ich nicht mal gedacht, geschweige denn gesagt.
Jeder, der mit dem Gedanken spielt, dem oder der Liebsten zu folgen (Egal wohin, manchmal ist es schon schwer, in eine andere Stadt zu ziehen, selbst erlebt....) muss sich darüber klar werden, WARUM man diesen Schritt tut...
Wenn man geht, weil das Leben in Deutschland nicht klappt und zu schwierig gegenüber dem scheinbar lässigen Leben im Süden zu sein scheint, lasse man die Finger davon: die Probleme, vor denen man flüchtete, warten am Ziel schon auf einen.
Wer in Deutschland nicht vorwärts kommt, wird es im Ausland erst recht nicht schaffen! In der Türkei ist das Leben nicht leichter, sondern härter, es sei denn, man bezieht Geld aus Deutschland (Rente etc.). Weitaus mehr als in Deutschland ist man auf verwandtschaftliche Beziehungen, auf ein weites Netz aus Verpflichtungen und Abhängigkeiten angewiesen, da das soziale Netz vollkommen fehlt. In den Städten und Touristenzentren funktioniert auch dieses "urtürkische" System der gegenseitigen Hilfe oft nur noch mehr recht als schlecht.
Wer bei null anfangen muss, dem wird in den seltensten Fällen Hilfe ohne die Erwartung von Gegenleistungen oder ohne Hintergedanken angeboten.
Darüber sollte mach sich im klaren sein, wenn man auswandern möchte. Das Leben in Alanya hat viele Gesichter - und einige davon sind nicht sehr freundlich....
Wenn man "der Liebe wegen" geht, muss man sich fragen, ob die Liebe es wert und stark genug ist, alles Bekannte und Vertraute aufzugeben und ein neues Leben zu beginnen, in dem man zumindest die erste Zeit entweder finanziell oder gesellschaftlich (oder beides) vom Partner abhängig ist. Hält die Liebe den Frust, das Heimweh und die Einsamkeit aus, die zwangsläufig kommen? Das kann man leider nicht vorab mit ja oder nein beantworten - das muss die Zeit zeigen. Gerade in Alanya ist für romantische Träume vom Leben im Süden mit dem Liebsten wenig Platz... viele Frauen leiden unter der Einsamkeit in einem fremden Land, weil sie feststellen, dass der Partner durchaus sein eigenes Leben weiterlebt, während man selbst alles Vertraute aufgegeben hat... wer da nicht stark ist und viele innere Reserven hat, wird daran zerbrechen. Oft ist es aber auch die einzige Chance, das "wahre ich" des Partners kennenzulernen - und diese Erkenntnis ist nicht immer leicht... und manchmal auch nicht schön.
Wenn man geht, weil die Abenteuerlust treibt, die Neugier auf Neues und die Sehnsucht nach einem anderen Leben - und wenn man es gut und nüchtern vorbereitet - dann, und nur dann kann es gutgehen!
Bei mir war es die Liebe und das Abenteuer, das mich nach Alanya gezogen hat, und auch bei mir folgte der anfänglichen Euphorie die Ernüchterung. insbesondere mein Ausflug in das türkische Arbeitsleben als Angestellte einer allseits bekannten deutschen Immobilienfirma, einem türkischen Optiker und einem türkischen Makler waren so grandiose Misserfolge, dass ich beschloss, künftig nur noch für unser eigenes Geschäft zu arbeiten, und das bisher mit Erfolg. Hätte in dieser Zeit und bis heute nicht mein Mann und seine ganze Familie geschlossen hinter mir gestanden, hätte ich es wohl nicht geschafft....
So, das war jetzt ein langer Text mit allem, was mir so durch den Kopf gegangen ist, als ich Silkes Frage gelesen habe...
Martina